Seit ca. 1680 setzten sich die Winterschulen in unseren Dörfern durch. Unterrichtet wurde fast nur im Winter, weil in den übrigen Jahreszeiten die Feldarbeit Priorität hatte. Alle Familienmitglieder mussten in der Landwirtschaft helfen, gerade die Kinder hatten viel zu leisten. Sie trugen ihren Teil zum Familieneinkommen bei, indem sie Futter für die Kleintiere beschafften, Holz im Walde sammelten und nach Hause schleppten, auf die Geschwister aufpassten und vieles ausführten, was ihren Kräften gerade angemessen war.

Die Röther Kinder gehörten zum Kirchspiel „Auf dem Berg“. Alle Kinder des Kirchspiels (Nieder-, Mittel- und Haingründau, Rothenbergen, Lieblos, Roth und Breitenborn) mussten den weiten Weg zur Bergkirche zurücklegen. Hier wurden sie vom Pfarrer und Küster im Glöcknerhaus unterrichtet.

Kälte und Regen mussten in Kauf genommen werden. Hin und wieder konnten sie sich vielleicht auf ein vorbeikommendes Fuhrwerk setzen. Die Schuhsohlen, bzw. Schuhnägel waren schnell abgelaufen, und die Klagen über die ständigen, hohen Schusterrechnungen mussten sie sich anhören. Viele hatten morgens, bevor sie den Schuldienst antraten, schon die Tiere im Stall versorgt.

Bereits 5 Jahre später, 1685 entspannte sich die Situation für die Kinder der Orte Lieblos und Roth. Sie bekamen eine eigene Schule in Lieblos, da Lieblos und Roth die meisten Kinder des Kirchspiels stellten. Der zeitraubende weite Schulweg blieb ihnen somit erspart.

Erst 1730 wurde auch der Schulbesuch im Sommer Pflicht. Um diese Zeit erhielten die Dörfer Rothenbergen und Mittelgründau eigene Schulen.

Wann in Roth die erste Schule gebaut wurde, ist nicht genau bekannt. Aus einem Weinleseregister von 1765 geht der Name eines Schulmeisters Pauli hervor. Daher ist anzunehmen, dass es zu dieser Zeit schon die erste Schule gab. In dem Fachwerkhaus in der Unterstraße wurde einklassig unterrichtet.

1838 wurde in der Brunnenstraße ein neues Schulhaus errichtet. Im Obergeschoss gab es zwei Unterrichtsräume und im Erdgeschoss wohnte der „Erste Lehrer“. Das kleine Fachwerkhaus, die alte Schule diente fortan als Rathaus und im Obergeschoss als Lehrerwohnung.

Im Jahre1900 stieg die Bevölkerungszahl aufgrund günstigerer Lebensumstände und geringerer Kindersterblichkeit auf über 700 Bürger in Roth an. Dadurch stieg auch die Anzahl der schulpflichtigen Kinder, ebenso der Platzbedarf. Schon wieder war es Zeit für eine neue Schule.

Der Beginn der Bauarbeiten des neuen Schulgebäudes war 1911. Das erklärt den Jahreseintrag „1911“ in der Gebäudefront des Giebels.

Erbauer unserer Schule war die Fa. Schmidt und Frickel, mit dem Baumeister Heinrich Schmidt.

Eingeweiht und bezogen wurde die Schule am 18.08.1912. Diesem Anlass gebührend gab es eine schöne Einweihungsfeier mit einem Zug der Dorfgemeinde vom alten Schulhaus in der Brunnenstraße zum neuen mit Flaggen geschmückten Schulhaus in der damaligen Schulstraße, heute Rathausstraße. Die Einweihungsrede hielt der Pfarrer und Schulinspektor Adolf Schilling, er war zu dieser Zeit Pfarrer auf dem Berg. Zu seinem Aufgabenbereich gehörte damals noch die kirchliche Schulaufsicht.

Pfarrer Schilling nahm mit dem Gemeindevorstand den Schlüssel entgegen, erinnerte an den erkrankten „Ersten Lehrer“ Heinrich Falk und dann stürmten die Schulkinder in den neuen Bau und die „Röther“ bestaunten ihre neue Schule.

Die Gemeinde Roth war besonders stolz, die nötigen Mittel für den prächtigen Bau aufgebracht zu haben, in dem sowohl die Schule als auch die Gemeindeverwaltung untergebracht waren. Außerdem hatte das Schulgebäude in der damaligen Schulstraße seinen idealen Platz gefunden und strahlte durch den Glockenturm mit dem großen Uhrwerk einen besonderen Charme aus. Der Neubau bestand aus vier, sehr großen, lang geschnittenen Räumen, zwei im Erdgeschoss und zwei im ersten Stock. Durch die großen Fenster an der Ost- und Westseite drang viel Tageslicht herein. Endlich hatten die Schulkinder einen angemessenen Ort zum Lernen.

Die Klassenräume waren mit den neuesten Schulmöbeln, mit modernsten Klapptischen ausgestattet. Beheizt wurden die Räumlichkeiten mit Kohleöfen.

Um das Schulgelände herum wurden mehrere Linden angepflanzt. Sie wuchsen zu prächtigen Bäumen heran und einige schmücken noch heute das Gelände.

Die ersten vier Lehrer mit der längsten Dienstzeit an der neuen Schule waren Heinrich Falk, Emil Ehlgen, Adolf Werner und Heinrich Fischer.

Jahrelang unterrichtete der Lehrer Heinrich Fischer die Klasse 1 und 2, der Lehrer Adolf Werner die Klasse3, 4 und 5 und der Lehrer Emil Ehlgen die Klasse 6, 7 und 8.

Diese Einteilung wurde lange aufrecht erhalten.

1912 war Heinrich Falk der „Erste Lehrer“ bzw. Hauptlehrer, er genoss in der Gemeinde großes Ansehen, weil er u.a. auch als Schiedsmann tätig war. Er wohnte, anders als die anderen Lehrer, nicht in einer Lehrerwohnung, sondern im Gasthaus „Zur Post“.

Zweiter Lehrer war Emil Ehlgen nach dem Tode von Heinrich Falk wurde er Leiter der Schule als „Erster Lehrer“. Er hat mit seinen 44 Dienstjahren die längste Dienstzeit in Roth absolviert. Zunächst wohnte er in der Lehrerwohnung des Schulhauses in der Brunnenstraße,

später wohnte er in dem von der Gemeinde 1927 errichteten Doppelhaus für die Lehrer.

Seit 1917 unterrichtete Adolf Werner, er war besonders für den Sportunterricht verantwortlich. Der Schulhof diente als Sportplatz, so gab es hinter dem Schulhaus eine Sprunggrube. Weitwurf und Schnelllauf wurden entlang der Schulstraße geübt. Manchmal wurde zwischen zwei Linden ein Seil gespannt und Medizinballwerfen geübt. Ebenso wurden auf dem Schulhof verschiedene Ballspiele, wie Fußball, Schlagball und Völkerball gespielt. Wenn die Bälle in die benachbarten Gärten flogen, entwischten einige Kinder durch den losen Bretterzaun, der die Schule umgab, und holten die Bälle zurück. Der lose Bretterzaun erwies sich auch für die Schüler als sehr praktisch, um vergessene Schulsachen zu holen.

Der vierte Lehrer, Heinrich Fischer kam 1926 an die Schule und unterrichtete 26 Jahre in Roth. Danach ging er als Biologielehrer an die Kreisrealschule Gelnhausen.

Heinrich Fischer ist weit über seinen Wirkungskreis als Lehrer hinaus bekannt. Er machte sich als Naturfotograf „der ersten Stunde“ einen Namen. Schon in den 20er Jahren legte er sich eine Glasplattenkamera zu und fotografierte die unterschiedlichsten Kleinstlebewesen. Seine Nahaufnahmen in schwarz-weiß sind so scharf gestochen und präzise, dass sie in verschiedenen Kalendern und Büchern veröffentlicht wurden. Unter seinem Namen erschienen im Kosmos-Verlag die Bände „Kleintiere im Bild“, sowie „Lebensbilder aus der Insektenwelt“

Außerdem stammen die meisten noch erhaltenen Bilder von der Brunnenstraße, wo „die Bach“ verlief von ihm.

Auch Heinrich Fischer wohnte in den Lehrerwohnungen der alten Schulgebäude Unterstraße und Brunnenstraße. Von seiner Familie ist bekannt, dass der Dielenboden im Schulhaus in der Brunnenstraße so schief war, dass man den Kinderwagen anbinden musste, sonst wäre er fortgerollt.

Heinrich Fischer war sehr gerne Lehrer und von Zeitzeugen wurde erzählt, dass er manchmal eine Viertelstunde vor Schulschluss „Kopfrechnen“ auf dem Plan hatte. Das freute besonders die rechenbegabten Schüler. Wer als Erster das Ergebnis in die Klasse rief, durfte nach Hause gehen.

 

1952 wurde gegenüber der Schule ein Rathaus gebaut.

Erbauer war Heinrich Schmidt, der Sohn von Heinrich Schmidt sen., der auch die Schule errichtet hatte. Nun zog der Gemeindevorstand und Bürgermeister in das neue Rathaus um.

Ab 01.04.1955 wurde Friedrich Martin, der selbst in Roth geboren wurde und die Röther Schule als Schüler besucht hatte, Hauptlehrer an der Volksschule Roth.

Er unterrichtete bis 1966 die höheren Klassen und übernahm anschließend als Rektor die Philipp-Reis-Schule in Gelnhausen.

Als Mitglied des Geschichtsvereins setzte er sich sehr ausführlich mit der Röther Geschichte auseinander. Seine Chronik zur 75-Jahr-Feier der Schule war sehr hilfreich für die historische Ausstellung und die Erstellung der Festschrift.

Unter Adolf Wildner, der auch 20 Jahre Hauptlehrer war, wurde die Volksschule 1976 eine Grundschule, die Klassen 5 bis 9 wurden fortan an der Philipp-Reis-Schule unterrichtet.

Ab 1. Juli 1987 wurde Heinz Noack mit der Wahrnehmung der Amtsgeschäfte betraut. Unter seiner Leitung wurde die Schule erweitert. 1995 besuchten ca. 150 Schüler die Grundschule Roth. Für diese große Schülerzahl reichten die 4 Klassenräume nicht mehr aus. Daher wurde 1995 das gegenüberliegende Rathaus, das durch den Zusammenschluss der Gemeinde Roth mit Gelnhausen sei 1979 nicht mehr als Verwaltungsgebäude genutzt wurde, als Schulhaus umgebaut und drei weitere Klassenräume eingerichtet.

Zeitgleich zum Bezug der neuen Unterrichtsräume wurde auch über eine neue Namensgebung der Schule nachgedacht. Bei der Einweihungsfeier der neuen Räumlichkeiten im Rathaus im Mai 1995 wurde der neue Name „Herzbergschule Roth“ von Heinz Noack und der damaligen Elternbeirätin Petra Dörr bekannt gegeben. Der Name bezieht sich auf den Berg oberhalb von Roth, der zwischen Lieblos und Roth liegt. Mit dem neuen Namen sollte ein Stück Heimatverbundenheit hergestellt werden und die Schüler sollten sich besser mit der Schule identifizieren können.

Durch das Engagement von Sonja Blättner, gelang die Umwandlung der Herzbergschule 2008/2009 in eine Schule mit pädagogischer Mittagsbetreuung. 2010 wurde sie Schulleiterin der benachbarten Kinzigtalschule und Christine Georg, Schulleiterin der Philipp-Reis-Schule nahm vorübergehend die Amtsgeschäfte.

Seit 01.06.2011 ist Bianca Hundur Schulleiterin der Herzbergschule. Bianca Hundur intensiviert die Zusammenarbeit mit dem Betreuungsverein und baut das Angebot der Ganztagsbetreuung weiter aus. Sie setzt mit den monatlichen Sport-Aktionstagen wesentliche Akzente und regt die Zusammenarbeit mit den regionalen Vereinen an.

Heute haben wir vier Klassen an der Herzbergschule. Als kleine, fast schon familiäre Einrichtung können wir uns auf die Aufgaben der Zukunft fokusieren. Naturwissenschaften und Gesundheit sind wesentlicher Bestandteil unserer heutigen Lehrtätigkeit, gestützt durch die Bemühungen des hessischen Kultusministeriums.

Die Ausweitung der Herzbergschule zu einer Grundschule mit Pädagogischer Mittagsbetreuung bindet sie fest in das tägliche Leben der Dorfgemeinschaft ein.

Auch in Zukunft wird sie sich den Bedürfnissen der Familien in Roth anpassen und so Lebensmittelpunkt für unsere Kinder bleiben.

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